Lions Share - Wie kommt ihr auf "Lions Share"?

Was steckt dahinter? Eine Portion Mut, ein Hauch Rebellion – und der Anspruch, den entscheidenden Anteil beizutragen: fachlich stark, unabhängig, klar. Gedanken zu einer tierischen Unternehmung...

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Was habt ihr euch denn dabei gedacht? Warum eigentlich „Lions Share“?

Nun, es gibt viele Beweggründe, die uns nicht zu einem anderen – auf den ersten Blick vielleicht naheliegenderen – Namen, sondern genau zu dieser Bezeichnung geführt haben.

Zunächst einmal wollten wir unbedingt davon Abstand halten, unsere Namen „an die Fassade zu schreiben“. In bestimmten freien Berufen – wie bei Anwaltskanzleien oder Ingenieurbüros – ist es üblich und vorgeschrieben, dass der eigene Name das Unternehmen repräsentiert. Für gewerbliche Unternehmen gilt das nicht. Und natürlich kann man auch ohne das eigene Namensschild auf Wänden, Webseiten oder Briefpapier mit seinem Namen für etwas stehen und Verantwortung übernehmen. Das Ego wird es verkraften.


In der Beschäftigung mit betriebswirtschaftlichen Grundlagen stößt man früher oder später auf das Fortführungsprinzip: „Bei der Bewertung ist von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen […]“ (HGB, § 252, S. 2). Auch international gibt es in der Rechnungslegung ganz ähnliche Ansätze, wie das „going concern principle“. Unternehmen werden also nicht als kurzfristige Projekte, sondern als etwas Beständiges gedacht.

Planungshorizonte von fünfzehn Jahren gelten als Zeichen strategischer Weitsicht.

Aber sind fünfzehn Jahre wirklich ein Zeichen von Beständigkeit?


In Japan gibt es Unternehmen, die rund 800 Jahre nach vorne planen. Einige Hotels bestehen seit dem 8. Jahrhundert und wurden über mehr als 40 Generationen hinweg geführt. Sie bestehen, weil Generation um Generation bereit war, das eigene Ego dem Fortbestand unterzuordnen. Ein Unternehmen, das Bestand haben will, muss über den Einzelnen hinausdenken. Wirtschaft existiert seit Anbeginn der Menschheit und wird auch lange nach uns weiterbestehen.

Ein Name – ob von einer Person oder Familie – ist vergänglich. Eine Idee, eine Botschaft hingegen kann ewig weitergetragen und weiterentwickelt werden.


Ist diese Sichtweise zu demütig? Vielleicht. Aber diese Demut hilft: Sie bewahrt gesunde Distanz. Oft gehört von vergangenen Chefs: „Das könnte dein Baby sein.“ Was für ein unglaublicher Schwachsinn! Ein Unternehmen, ein Beruf, ein Projekt kann niemals den Stellenwert eines geliebten Menschen einnehmen, auch nicht bildhaft. Ohne Zweifel würde man für die Menschen im engsten Kreis bedingungslos handeln, würde man seine Kinder um jeden Preis beschützen, bis hin zur Selbstaufgabe. Wie kommt man auf die Idee, dass es für eine Firma gesund sein soll, sich dafür aufzuopfern? Was macht das für ein Bild, was wirft das für Schatten? Was macht das mit den Menschen? Was macht das mit der Unternehmenskultur? Hingabe ja, Aufopferung nein! Wer so denkt und spricht, ist einfach nur nicht gerne zu Hause. Und verliert leicht die notwendige Nüchternheit. In Momenten höchster Emotion verliert der Mensch seine Intelligenz – und wer sich jenseits eines gesunden Maßes mit dem Unternehmen identifiziert, verliert den klaren Blick.


Wir gründen eine Firma, wir bauen sie auf – aber wir sind nicht die Firma.


Schon mit dem ersten Schritt gab und gibt es Menschen, die uns ideell und tatkräftig begleiten. Ein Unternehmen braucht keine autoritäre Führungspersönlichkeit im Zentrum, sondern ein mündiges Team. Autoritäre, starre Führung zählt zu den häufigsten Gründen für das Scheitern von Unternehmen. Wir wollen keine applaudierende Gefolgschaft, sondern ein Team mit eigenständig denkenden Menschen, das sich einbringt und gestaltet. Wie gut ist eine Entscheidung, wenn sie immer von dem getroffen wird, der am weitesten vom Ort des Geschehens entfernt ist?


Unser Anspruch ist es, etwas zu schaffen, das über eine einzelne Person hinausreicht. Etwas, das das Unternehmen und seine Menschen ehrlich repräsentiert. Etwas Prägendes, etwas mit Strahlkraft. Eine Marke, die nicht bloß nach außen glänzt, sondern gleichermaßen innen wirkt. Der Gedanke an Markenbewusstsein handelt immer von einer Projektion nach innen und nach außen. Auch als Erinnerung für die Gründer.


Wie passen die unregelmäßigen Fünfecke unserer Geschäftsbereiche in dieses Bild? Bewusst unregelmäßig, bewusst lebendig. Weil echte Entwicklung immer ein bisschen unvollkommen bleibt. Doch dazu mehr in einem späteren Beitrag.


Es geht darum, klare Botschaften zu haben. Etwas zu sagen – nicht nur zu definieren, was wir nicht sind. Wer keine Entscheidungen trifft, wird von den Entscheidungen anderer getroffen. Wer für nichts steht, kann weder Resonanz erzeugen noch Dialoge anstoßen. Doch genau das braucht jede Organisation: kulturelle Evolution, die vom Mut zur Überzeugung lebt.


Wer kennt sie nicht – Chefs, die nur im Rückblick souverän wirken? Wer immer nur im Nachhinein erklärt, was nicht geht, betreibt keine Führung, sondern feigen Konformismus. Manch einer redet gar großspurig von Freiheit und schreibt sich diesen Wohlklang fleißig auf die Betriebsausstattung, ohne dass man wirklich versteht, was Freiheit bedeutet oder in welchem Bezugssystem sie steht. Freiheit ist die Seite einer Medaille und bedarf unweigerlich ihres Pendants, der Verantwortung.

Verantwortung – und die Pflicht, ihr gerecht zu werden. Ein passendes Stichwort für die folgenden Zeilen.

An dieser Stelle möchten wir euch mit einem kleinen literarischen Juwel bekannt machen, das uns auf unserem Weg stark geprägt hat: das Gedicht "The Beasts in Partnership" von Jefferys Taylor, inspiriert von einer Fabel Äsops. Eine Zusammenfassung auf Deutsch folgt gleich im Anschluss.



The Beasts in Partnership, by Jefferys Taylor¹


THIS firm once existed, I’d have you to know,

Messrs. Lion, Wolf, Tiger, Fox, Leopard, and Co.;

These in business were join’d, and of course ’twas implied,

They their stocks should unite, and the profits divide.


Now the fable relates, it so happen’d one day,

That their efforts combined, made a bullock their prey;

But agreed that the Lion should make the division,

And patiently waited the monarch’s decision.


My friends,” said the Lion, “I’ve parted, you see,

The whole into six, which is right, you’ll agree;

One part I may claim, as my share in the trade;”

O take it and welcome,” they all of them said.


I claim too the second; since no one denies

Twas my courage and conduct that gain’d you the prize:

And as for the third; that you know is a fine

To the lord of the manor, and therefore is mine.”


Hey day!” said the fox; “Stop a bit,” said the lion;

I have not quite done” said he, fixing his eye on

The other three parts; “you are fully aware,

That, as tribute, one other part comes to my share.”


And, I think, ‘twould be prudent, the next to put by

Somewhere safe in my den for a future supply;

And the other, you know, will but barely suffice,

To pay those expences which always arise.”


If this be the case,” said the fox, “I discern

That the business to us is a losing concern;

If so, to withdraw, I should think would be best;”

O yes! let us break up the firm,” said the rest;

And so,—for you may not have heard of it yet,—

It was quickly dissolved, though not in the gazette.



Some folks in their dealings, like him in the fable,

Will take others’ shares, if they think they are able;

But let them not wonder who act in this way,

If they find none will join them in business or play.



Das Gedicht zeigt auf eindrucksvolle Weise, warum wir uns für Lions Share als unseren Unternehmensnamen entschieden haben – und dabei ganz bewusst einen anderen Weg gehen wollen als der Löwe in dieser Geschichte.


In der Fabel schließen sich verschiedene Tiere zusammen, um gemeinsam Beute zu machen. Doch als es an die Verteilung geht, beansprucht der Löwe mit immer neuen Begründungen sämtliche Anteile für sich selbst. Mut, Leistung, Besitzrechte, Zukunftssicherung – alles Argumente, die auf den ersten Blick vielleicht stichhaltig erscheinen, aber letztlich nur eines offenbaren: maßlose Gier, Machtbesessenheit und die vollständige Auflösung des ursprünglich gleichberechtigten Zusammenschlusses.


Die Moral ist klar: Wer sich in Partnerschaften ständig auf Kosten anderer bereichert, darf sich nicht wundern, wenn niemand bei ihm bleiben will.

Vertrauen, Fairness und echte Gemeinschaft lassen sich so nicht aufbauen – weder im Geschäft noch im Leben.


Die Fabel, das Gedicht, hält uns einen Spiegel vor:

Wie schnell akzeptieren wir Ungerechtigkeit?

Wie selbstverständlich beugen wir uns manchmal fragwürdigen Strukturen?

Für uns bedeutet das: Lions Share soll eben nicht stehen für den Löwen, der sich alles nimmt. Sondern für eine andere Haltung: für den fairen Anteil aller, für Gemeinschaft, für Respekt und für das Bewusstsein, dass ein Unternehmen immer größer ist als einzelne Personen, egal welche Person.

Jeder Beitrag zählt, jede Stimme hat Gewicht. Es geht um ein ehrliches Miteinander, das auf Augenhöhe gestaltet wird – im Team, mit Partnern und mit unseren Kunden.


Wir wollen es anders machen.

Nicht über den Dingen stehen, sondern uns selbst als Teil des Ganzen verstehen – und in Verantwortung für das Ganze handeln. Verantwortungseigentümer sein.

Nur so kann etwas entstehen, das Bestand hat. Etwas, das nicht durch Eitelkeit oder Machthunger zusammengehalten wird, sondern durch eine echte gemeinsame Berufung.



One more thing. And an important one for us.


In unserer Namenswahl steckt auch ein Bild jenseits der üblichen Klischees.

Ich möchte keinem hungrigen Löwen in freier Wildbahn begegnen, aber bei allem, was mir lieb und teuer ist – eine Löwin fürchte ich mehr.

Löwinnen sind die tatsächlichen Heldinnen im Rudel – ein Symbol für weibliche Stärke und die Fähigkeit, individuelle Stärken einzubringen.


Gerade in einer Zeit, in der Vielfalt und Gleichheit oft noch diskutiert statt selbstverständlich einfach zugelassen und gelebt werden, ist uns das besonders wichtig. Unser Wahrnehmungssystem mag zwar filtern und ordnen – zu unserem Glück alle Eindrücke der Welt für uns stark vereinfachen und möglichst in bekannte Muster einpassen –, aber wir müssen nicht unser ganzes Wesen diesem Reflex unterwerfen. Der denkende Mensch ändert seine Meinung, auch wenn dann die bequeme Gewohnheit jammert.


Es ist ein überragender Mehrwert, wenn jede:r so sein darf, wie er oder sie ist, und das einbringen kann, was er oder sie mitbringt. Oft erlebt, beruflich wie privat, funktioniert jedes Mal. Gib den Menschen Raum, Raum zum Sein, Raum zur Entfaltung – und sei erstaunt, was sie alles vermögen.


Lions Share“ steht für eine tierische Unternehmung im besten Sinne: mit Freude an der Sache, einem fairen Anteil an Leistung und Verantwortung und am Ertrag für alle Beteiligten.


Das ist der Anspruch.

Was wir daraus entwickeln können, wird die Zeit zeigen.

Wir bewahren uns die Bescheidenheit zu wissen: Ein Urteil steht erst dem zu, der es besser macht. Noch besser aber ist es, ganz bei sich zu bleiben – ohne Kontrast, ohne Vergleich. A category of one.


Und bis dahin?

Packen wir es einfach an. Auf sie mit Gebrüll!



Quellen:

¹Taylor, Jefferys; Aesop in rhyme, with some originals; London; 1820; Baldwin, Cradock, and Joy

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Silvan Straßer

Silvan schreibt ausführlich – nicht aus Eitelkeit, sondern aus Überzeugung. Für ihn ist es eine Frage der Höflichkeit, anderen die bestmögliche Grundlage für Entscheidungen zu liefern. Wer weniger Informationen braucht, kann einfach früher aufhören zu lesen oder exzerpieren. Die Reduktion komplexer Sachverhalte auf wenige "Bullet Points" empfindet er als trivialisierend. Die Welt ist selten einfach – oft kompliziert, manchmal komplex – und wer das anerkennt, kommuniziert nicht obsessiv verkürzt. Kurze Aussagen eignen sich nur für Selbstverständlichkeiten oder als Einstieg in Tieferes. Die gängige Erwartung von „maximal drei Infos in zehn Sekunden“ hält er für ein Symptom kollektiver Verflachung. Dagegen will er bewusst ein Zeichen setzen – nicht missionarisch, aber konsequent. Zum Glück gibt es den Blog als Ventil für seine Gedankenfülle. Und sein Team? Das bleibt dadurch etwas verschont – was wohl alle ganz gut so finden. ;-)

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